Zyklusbasiertes Training ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Thema geworden, besonders in den sozialen Medien. Oft wird es vereinfacht dargestellt: In der ersten Zyklushälfte Vollgas geben, HIIT und intensives Krafttraining einbauen, während in der zweiten Zyklushälfte Ruhe, Yoga und Entspannung angesagt sind. Doch so simpel ist es nicht – und genau darüber möchte ich heute sprechen.
Frauengesundheit ist mehr als der Zyklus
Wenn es um Training und Frauengesundheit geht, denken viele sofort an den Menstruationszyklus. Doch das Frauenleben besteht aus weit mehr als den fruchtbaren Jahren – diese machen nur etwa ein Drittel unserer Lebenszeit aus. Vor der Pubertät und nach der Menopause gibt es keinen Zyklus, und trotzdem sind Frauen aktiv! Auch Schwangerschaft und Stillzeit beeinflussen den Körper und erfordern angepasste Trainingsstrategien. Deshalb sollte ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt werden, der alle Lebensphasen berücksichtigt. Mein Konzept basiert auf den drei Säulen: Fruchtbare Jahre, Schwangerschaft/Postpartum & Wechseljahre.

Meine persönliche Reise zum zyklusbasierten Training
Ich hatte lange keinen regelmäßigen Zyklus. Schon als Teenager reagierte mein Körper sensibel auf Stress, später nahm ich jahrelang die Pille, wodurch meine natürliche Periode ausblieb. Nach dem Absetzen blieb sie aufgrund von intensivem Sport, Stress und falscher Ernährung aus. Erst nach zwei Jahren kam mein Zyklus zurück – nur um kurz darauf durch Schwangerschaft und Stillzeit erneut zu pausieren.
Erst seit diesem Sommer habe ich zum ersten Mal seit Jahren wieder eine regelmässige Periode. Erst jetzt kann ich bewusst beobachten, wie sich mein Training im Einklang mit meinem Zyklus verändert. Ich kann gut und regelmässig trainieren, aber mit dem ersten Tag der Periode fällt meine Leistung rapide ab. Mein Körper verlangt dann nach mehr Ruhe und Erholung, anders als vor der Schwangerschaft, da machte mir meine Periode kaum was aus. Dafür spüre ich in der Follikelphase einen deutlichen Energieschub. Diese Erfahrung zeigt: Der Zyklus verändert sich im Laufe des Lebens – und damit auch seine Auswirkungen auf das Training.
Training im Einklang mit dem Zyklus: Kein starres Konzept
Jede Frau erlebt ihren Zyklus anders, weshalb es keine allgemeingültige Anleitung gibt, obwohl sich das Viele wünschen. Viel wichtiger ist es, den eigenen Körper zu beobachten und darauf abgestimmt zu trainieren. Studien zeigen, dass nicht die Leistungsfähigkeit selbst, sondern vor allem die Motivation durch den Zyklus beeinflusst wird. Ein beeindruckendes Beispiel: Paula Radcliffe stellte 2002 während ihrer Periode einen Marathon-Weltrekord auf!
Was sagt die Wissenschaft?
In der ersten Zyklushälfte dominiert Östrogen. Es sorgt für mehr Energie, soziale Offenheit und emotionale Stabilität. Intensive Trainingseinheiten fallen oft leichter, da der Körper Kohlenhydrate besser verwertet und sich schneller erholt. In der zweiten Zyklushälfte übernimmt Progesteron die Kontrolle. Es beruhigt das Nervensystem, reduziert Ängste und Schmerzen, erhöht aber auch die Körpertemperatur, was zu vermehrtem Schwitzen führen kann. Verdauungsveränderungen wie Verstopfung oder Durchfall sind ebenfalls möglich.
Kurz vor der Menstruation sinken beide Hormone stark ab – das kann sich in PMS-Symptomen äußern. In dieser Phase leiden viele Frauen unter Stimmungsschwankungen, Gereiztheit oder Energielosigkeit. Während der Menstruation ähnelt das Hormonprofil dem eines Mannes, was theoretisch gute Trainingsbedingungen schafft. Dennoch fühlen sich viele Frauen in dieser Phase nicht leistungsfähig. Hier zeigt sich wieder, wie oft sich Theorie und Praxis widersprechen.
Individuelles Training statt Pauschalregeln
Das wichtigste Fazit: Es gibt keine Einheitslösung für zyklusbasiertes Training. Jede Frau hat individuelle Bedürfnisse, die sich mit der Zeit verändern können. Wer seinen Zyklus kennt, kann Training, Ernährung, Schlaf und Stressmanagement optimal anpassen – für ein nachhaltiges, gesundes und effektives Training mit dem Körper statt gegen ihn.
Praktische Tipps zur Umsetzung
Damit du dein Training optimal an deinen Zyklus anpassen kannst, hilft es, ein Trainingstagebuch zu führen. Notiere dir, wann du dich besonders energiegeladen oder müde fühlst. Achte auf Muster über mehrere Monate hinweg. Das Wichtigste: Wenn deine Periode unregelmässig ist oder gar ausbleibt, ist das ein Zeichen deines Körpers, dass es ihm nicht gut geht!
Follikelphase (erste Zyklushälfte): Hier kann bei den meisten Frauen ein intensives Training gut eingeplant werden, da die Erholungsfähigkeit hoch ist. Versuche neue Reize zu setzen oder persönliche Bestleistungen anzustreben.
Ovulation (Eisprung): Viele Frauen spüren in dieser Phase einen zusätzlichen Energieschub. Das ist eine gute Gelegenheit für anspruchsvolle Trainingseinheiten oder Wettkämpfe. Es gibt aber auch Frauen, die den Eisprung stark spüren und Erholung brauchen.
Lutealphase (zweite Zyklushälfte): Hier ist entscheidend wie du dich fühlst: Brauchst du mehr Erholung und moderate Einheiten?
Menstruation: Manche Frauen können problemlos weitertrainieren, andere brauchen mehr Pausen. Höre auf deinen Körper und passe dein Training entsprechend an.
Fazit
Zyklusbasiertes Training ist kein starres Konzept, sondern ein individueller Weg, um das eigene Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit zu optimieren. Es geht darum, bewusst mit dem eigenen Körper zu arbeiten und ihn in seinen verschiedenen Phasen zu unterstützen. Wer seinen Zyklus kennt und ihn ins Training integriert, kann langfristig gesünder, leistungsfähiger und zufriedener sein. Ganz gleich, ob du Anfängerin oder fortgeschrittene Sportlerin bist – probiere es aus, experimentiere und finde heraus, was für dich am besten funktioniert!
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