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Melanie Weilenmann

Eisenmangel im Laufsport: die ganzheitliche Sichtweise


Frauen sind häufiger betroffen

Hauptbetroffene des weltweit häufigsten Nährstoffmangels sind Frauen. Ein Grossteil der Frauen im gebärfähigen Alter ist einmal im Leben von einer Eisenunterversorgung betroffen. Während bei Männern „nur“ 14 % die empfohlene tägliche Eisenzufuhr nicht erreichen, sind es bei Frauen 58 %. Die Symptome sind sehr unspezifisch und nicht immer leicht einzuordnen. So zählen Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrationsschwäche und depressive Neigungen zu den Hauptbeschwerden. Rissige und trockene Mundwinkel und blasse Schleimhäute können etwas klarere Hinweise auf Eisenmangel geben. Personen mit Eisenmangel neigen zu Herzklopfen und schon bei geringer Anstrengung zu Atemnot. Trotz Blutarmut sollen die Zellen ausreichend mit Sauerstoff ernährt werden, und somit schlägt das Herz schneller.


Was bedeutet Eisenmangel?

Bei Verdacht auf einen Eisenmangel werden oft das Hämoglobin und Ferritin bestimmt. Dabei ist das Ferritin der aussagekräftigere Wert. Der im Labor bestimmte Ferritin-Wert aus dem Blut erlaubt eine zuverlässige Aussage über die im Körper vorhandene Eisenmenge, über den Füllungszustand der Eisenspeicher. Erhält der Körper zu wenig Eisennachschub, leert er seine Eisenspeicher. Dieser Eisenmangel verläuft ohne Anämie (Blutarmut), da der Körper noch genügend rote Blutkörperchen bilden kann. Reicht das Eisen nicht mehr aus, um genügend rote Blutkörperchen zu bilden, sinkt der Hämoglobin-Wert unter die Normwerte. Die Zellen werden nicht mehr gut genug mit Sauerstoff versorgt. Als kritischer Hämoglobin-Wert für eine Eisenmangelanämie gilt bei Frauen meist 12g/dl.

In unseren Breitengraden gilt meist ein Ferritinwert von >15ng/ml als behandlungsbedürftig, in der amerikanischen Literatur findet man jedoch Angaben um 40ng/ml. Eine andere repräsentative Studie geht davon aus, dass die unteren Normwerte bei uns zu hoch angelegt sind, da die Gabe von Eisenpräparaten nicht zur subjektiven Verbesserung von Symptomen führte. Die Forschung ist sich also noch nicht ganz einig, welche Werte den Norm- und Grenzwerten zugeordnet werden können.


Eisenmangel und Fruchtbarkeit

Besteht ein Zusammenhang zwischen Eisenmangel und Fruchtbarkeit? Ganz klar ja. Forscher und Forscherinnen haben herausgefunden, dass Frauen mit unzureichenden Eisenspeichern eher unter Anovulation leiden, d. h. sie haben keinen Eisprung. Wie die meisten von uns wissen, ist eine Schwangerschaft völlig unmöglich, wenn wir keinen Eisprung haben. Wenn unsere Eisenspeicher in einen ungesunden Bereich fallen, verhindert dies außerdem die Entwicklung roter Blutkörperchen. Dies führt zu einer verminderten Sauerstoffzufuhr zu den Geweben des Körpers, einschließlich der Eierstöcke und der Gebärmutter. Wenn unsere Fortpflanzungsorgane nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, verschlechtert sich die Qualität der Eizellen, und sie können sogar unfruchtbar werden

Eine weitere Studie schürt Hoffnung: Sie zeigte, dass eine Einnahme von 41 mg Eisen pro Tag das Risiko eines fehlenden Eisprungs um über 60% senkt.

Doch bevor du jetzt zur Apotheke rennst und zu Eisenpräparaten greifst um deinen Eisprung zu verbessern, will ich dir aufzeigen, was ein Eisenmangel aus ganzheitlicher Sichtweise bedeutet und wie du ihn beeinflussen kannst.


Bedarf ist unterschiedlich

Wie hoch ist der Bedarf über die Nahrung? Grundsätzlich empfiehlt man Frauen eine Zufuhr von 15mg/Tag, Männern eine Zufuhr von 12mg/Tag. Je nach Lebensphase kann der Eisenbedarf bei Frauen von den genannten Werten abweichen: Vor der ersten und nach der letzten Regelblutung ist von einem niedrigeren Eisenbedarf von nur 10 mg/Tag auszugehen. Deutlich höher ist der Eisenbedarf während Schwangerschaft (30 mg/Tag) und Stillzeit (20 mg/Tag). Entsprechend sollten Schwangere und Stillende besonders sorgfältig auf eine ausreichende Eisenzufuhr achten. Meist erhalten Frauen in der Schwangerschaft Eisenpräparate, da der Bedarf über die Nahrung nicht vollständig abgedeckt werden kann. Neue Studien werten jedoch die zurückgehenden Eisenreserven sogar als physiologisch sinnvoll. Möglicherweise versucht der Körper durch den niedrigen Eisenspiegel Infekte abzuwehren. Bei geringen Eisenwerten steht den Bakterien weniger Eisen zur Verfügung, das sie zum Wachstum benötigen. Ein Eisenmangel in der Schwangerschaft scheint also auch natürlich vor Infektionen zu schützen.


Eisenmangel-Test im Laufsport bei Sportlerin

Medizinische Behandlung

Bei Eisenmangel werden normalerweise Eisentabletten und Eiseninfusionen angeboten. Dabei werden Eisentabletten der Infusion vorgezogen, da die Infusion sehr teuer ist, viele Risiken beinhaltet (allergische Reaktionen) und Eisentabletten für den Körper oft nachhaltiger sind, da sie über den Magendarm-Trakt verstoffwechselt werden.

Die Spanne zwischen notwendiger Zufuhr und gefährlicher Überdosierung ist bei Eisen jedoch eng. Zusätzliche Eisengaben sollten deshalb nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen, wenn ein deutlicher Mangel festgestellt wurde. Die Praxis sieht leider anders aus. Die meisten Eisenpräparate besorgen sich Konsumenten und Konsumentinnen auf eigene Faust. Zu hohe Eisenwerte stehen aber in Verdacht Herzkreislauferkrankungen auszulösen und das Krebsrisiko zu erhöhen. Eine zu hohe Eisenzufuhr kann die Leber angreifen und die Anfälligkeit für Infektionen erhöhen. Selbst sonst harmlose Bakterien können dann zu schweren Infekten führen. Der Körper hat zwar einen Schutzmechanismus, indem er die Eisenaufnahme aus der Zufuhr gezielt regulieren kann, dieser versagt jedoch oft bei den enormen Mengen, die wir mit Eisenpräparaten aufnehmen.


Ganzheitlicher Ansatz

Es lohnt sich also aus diversen Aspekten das Phänomen Eisenmangel und Fruchtbarkeit ganzheitlich anzuschauen. Nicht selten ergeben sich aus Symptomen wertvolle Hinweise, wie wir unseren Lebensstil anpassen dürfen.

Eisenmangel entsteht grundsätzlich aus den den folgenden Gründen:


1. Erhöhter Bedarf

Wie bereits erwähnt, haben Frauen, insbesondere Schwangere und Stillende einen, erhöhten Eisenbedarf. Aber auch Sportler und Sportlerinnen brauchen mehr Eisen als die Normalbevölkerung. Durch Urin und Schweiß geht Eisen verloren. Ein Marathonläufer kann zum Beispiel bis zu zweieinhalb Milligramm Eisen pro Liter Schweiß verlieren. Ein weiterer großer Vitalstoff-Fresser ist Stress. Denn bei einem hohen Cortisolspiegel erhöht sich gleichzeitig auch unser Nährstoffbedarf.


2. Zu geringe Zufuhr

Obwohl Eisenpräparate als das Mittel der Wahl gelten, lohnt es sich auch auf unsere Körperintelligenz zu verlassen: Je nachdem wie gut die Eisendepots gefüllt sind, nimmt der Körper nur einen Bruchteil des in der Nahrung enthaltenen Eisens auf. Bei ausreichender Versorgung sind das im Durchschnitt etwa 10 %. Liegen leere Eisenspeicher vor, kann die Resorptionsrate auf 30 % steigen. Bei Schwangeren wurden im letzten Schwangerschaftsdrittel sogar Quoten über 60 % gemessen. Deshalb ist es sinnvoll, den Körper bei Eisenmangel mit geeigneten Nahrungsmitteln zu unterstützen. Neben Fleisch und Wurst liefern vor allem Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und einige Gemüsearten nennenswerte Mengen an Eisen. Kombiniert mit Vitamin C-reichem Obst und Gemüse kann die Eisenaufnahme zusätzlich gesteigert werden. Auch hiesige Heilpflanzen wie Brennessel und Löwenzahn enthalten besonders hohe Mengen an Eisen.


3. Schlechte Aufnahme/Verwertung

Bestimmte Lebensmittel haben einen gegenteiligen Effekt und können die Eisenaufnahme hemmen, zum Beispiel Kaffee, schwarzer Tee oder Milch und Milchprodukte. Sie sollten nicht gleichzeitig mit eisenreichen Mahlzeiten aufgenommen werden.

Ein weiterer Faktor für die Ausbildung eines Eisenmangels ist die Einnahme von Medikamenten. So beeinflussen viele Medikamente die Stoffwechselvorgänge bei der Aufnahme und Verwertung der dringend benötigten Vitalstoffe. Werden Medikamente lange eingenommen, entsteht durch den Nährstoffraub ein Vitalstoffmangel. Bei Frauen ist insbesondere die Pille zu erwähnen, die die Eisenaufnahme hemmt.

Als letzter Punkt kommt wiederum unser alltäglicher Stress zur Sprache. Stehen wir unter stetiger Anspannung, kann unsere Verdauung auch nicht optimal funktionieren. Das wiederum führt dazu, dass Nährstoffe trotz ausreichender Zufuhr nicht richt richtig aufgenommen werden können.


4. Zu hohe Verluste

Der vierte Punkt sind zu hohe Verluste an Eisen. Der hierzulande häufigste Grund für Eisenmangel ist Blutverlust. Dieser kann offenkundig beispielsweise durch Verletzungen, Operationen, Blutungen passieren, aber auch schleichend und eher im Verborgenen stattfinden (z.B. chronische, oft unerkannte Blutungen aus dem Magen, Darm und über den Urin). Hohe Verluste geschehen oft auch durch häufiges Schwitzen, aber auch durch sehr starke Menstruationsblutungen. Hierbei ist es empfehlenswert die Ursache hinter der hormonellen Dysbalance anzuschauen.


5. Eisenhaltige Lebensmittel

Folgende Nahrungsmittel tragen zur Blutbildung bei:

  • rote, blaue und schwarze Früchte, wie Beeren, Zwetschgen, Trauben, Kirschen, Feigen

  • Mohn, Pinienkerne und schwarzer Sesam

  • Spinat, Mangold, Karotten, Kürbis, Rotkraut, Rote Bete, Auberginen

  • Rotes Fleisch, Eier

  • Hülsenfrüchte

  • Petersilie, Brennessel, Himbeerblätter, Liebstöckl und Eisenkraut


Ein Eisenmangel lässt sich zwar vermeintlich einfach durch Eisenpräparate behandeln, ein ganzheitlicher Blick lohnt sich jedoch spätestens bei wiederholten Eisenmangelbeschwerden. Rüdiger Dahlke, Deutschlands beliebtester Psychosomatiker bezeichnet Eisenmangel als ein Zeichen, dass wir uns zu viel in der männlichen Energie befinden und empfiehlt eine sparsame Lebensweise im Fluss des eigenen Rhythmus. Eisenmangel kann also auch als ein Zeichen angesehen werden, dass wir mehr Ruhe und wirkliche Entspannung in unser Leben einladen dürfen.

So oder so: Eine Anpassung der Lebensstilfaktoren Bewegung, Ernährung und Stresserleben lohnt sich bei Eisenmangel auf jeden Fall.


Quellen:

Chavarro J, Rich-Edwards J, Rosner B, Willett W. Iron Intake and Risk of Ovulatory Infertility. Obstetrics & Gynecology. 2006;108(5):1145-1152.

Dahlke R. (2014). Krankheit als Weg. C. Bertelsmann Verlag, München.

Max Rubner-Institut (2008). Nationale Verzehrstudie II

Sathiyanarayanan S, Sundar J, Madhankumar E, Praneetha A, Kalaiselvi S, Gopinath P et al. A study on significant biochemical changes in the serum of infertile women. International Journal of Current Research and Academic Review [Internet]. 2014;2(2):96-115. Available from: http://www.ijcrar.com/vol-2-2/Sasikumar%20Sathiyanarayanan,%20et%20al.pdf

Schumann K. & Golly I. (1996). Birgt die indikationsgerechte Eisengabe Gefahren für die Gesundheit? Dtsch.med.Wschr (121), 179-184.

Schrier, S. L & Auerbach, M. (2019): Causes and diagnosis of iron deficiency and iron deficiency anemia in adults.

Weigt S. (1996). Eisen – Zuviel kann schaden. UGB-Forum, 282-284

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